Interview-Kerstin-Hurek-ACE

„Nachhaltigkeit ist für uns kein Wort aus den 2000ern“ – Interview mit Kerstin Hurek vom ACE

28.04.2023

Du bist Leiterin der Abteilung Verkehrspolitik beim ACE Autoclub Europa e.V.. Das hört sich stark nach Autolobby an…

Unser Kerngeschäft ist zwar die Unfall- und Pannenhilfe für unsere Mitglieder, aber wir sind als ACE eben vor allem als ACE Mobilitätsbegleiter und wir setzen uns im Rahmen der Interessenvertretung für alle modernen mobilen Menschen ein. Dabei haben wir als ACE alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer im Blick und bringen uns zu aktuellen Themen rund um die Mobilität im politischen Berlin ein.

Wie passen ein Autoclub und die Mobilitätswende zusammen?

Das ist kein Gegensatz. Mobilität verändert sich, ebenso die Bedürfnisse der Menschen. Der Klimawandel geht uns alle an, ebenso die damit verbundenen Verpflichtungen, Emissionen zu reduzieren. Weltweite technische Entwicklungen im Bereich der Automobilindustrie, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, aber auch ein neues Bewusstsein für die Lebensqualität in unseren Städten und die Ziele im Bereich der Verkehrssicherheit (Vision Zero= keine Getöteten und Schwerverletzten im Straßenverkehr) machen einen Wandel im Verkehr und in unserer alltäglichen Mobilität nötig. In diesem Konzert spielen wir als Interessenvertretung mit.

Hast du konkrete Beispiele?

Wir beschäftigen uns als ACE – auch in unserer politischen Arbeit – mit den Themen Unfall- und Pannenhilfe, Elektromobilität, Verkehrssicherheit, Neue Mobilitätsformen und Verbraucherschutz. Zu allen Themen haben wir konkrete Positionierungen formuliert, die diesen Transformationsprozess in der Mobilität und damit eine Verkehrswende unterstützen.
Ganz praktische Beispiele: Wir sind als ACE in den Gemeinden mit einem starken Ehrenamt aktiv und beteiligen uns beispielweise an Verkehrssicherheitsaktionen.
Auf Landes- und Bundesebene nehmen wir zu aktuellen Gesetzesentwürfen Stellung und beziehen Position. Auch haben wir uns im Rahmen der Nationalen Plattform Mobilität eingebracht, wir machen uns stark für ein Tempolimit auf Autobahnen, verfolgen sehr genau die Diskussion um die sog. Technologieoffenheit (E-Fuels) versus Elektromobilität und bringen uns bei der Änderung des Straßenverkehrsgesetzes ein.

Ihr seid mit 630.000 Mitgliedern einer der größten Automobilclubs Deutschlands. Fällt es da leichter, Themen voranzubringen?

Wir konzentrieren uns auf die Themen Unfall- und Pannenhilfe, Elektromobilität, Verkehrssicherheit, Neue Mobilitätsformen und Verbraucherschutz. Als Mobilitätsbegleiter ist es unser Ziel, dass alle Menschen von der Verkehrswende profitieren. Allerdings ist der Bereich der Mobilität von vielen unterschiedlichen Interessen, Wünschen, aber auch Ängsten geprägt. Hinzu kommt, dass Politik zum einen ohnehin langsam ist und zum anderen in den Entscheidungen
sehr zögerlich. Gesetzesvorhaben werden aktuell nicht mit aller Entschiedenheit und umgesetzt. Das macht es uns auch nicht immer leicht, Themen voranzubringen.

Du engagierst dich privat bei Mobility Allstars, einem Verein, der dazu antritt, die Mobilitätswende zu beschleunigen. Was motiviert dich dazu?

Mobility Allstars ist der einzige Verein, der sich in der D-A-CH-Region für das Thema Mobilitätswende stark macht. Das finde ich äußerst spannend. Außerdem treffe ich hier interessante Leute aus den ganz unterschiedlichsten Branchen, mit ganz verschiedenen Hintergründen und Jobs. Für mich ist das ein sehr reizvoller Ausgleich hier Menschen zu treffen, die – vielleicht – eine ganz andere Perspektive auf das Thema Mobilitäts- oder Verkehrswende haben, aber die auch über den Tellerrand hinausblicken. Das macht viel Freude!

Warum setzen wir uns als Autoclub für nachhaltige Mobilität ein und was macht der ACE in dem Bereich ganz konkret?

In unserer Satzung aus dem Jahr 1965 steht: „Er (der ACE) wirbt für nachhaltige zukunftsfähige Verkehrssysteme unter Einbeziehung aller Verkehrsmittel.“ Das heißt Nachhaltigkeit ist für uns kein Wort aus den 2000ern. Zudem machen wir seit vielen Jahren Projekte rund um das Thema betriebliches Mobilitätsmanagement, wir beraten Unternehmen und Kommunen und haben mehrere von Bundesministerien geförderte Projekte betreut.
Wie können Beschäftigte motiviert werden, ihr Mobilitätsverhalten auf dem Weg zur Arbeit zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern? Dieser Frage nähern wir uns in meinem Fachgebiet ‚Gute Wege‘ auf spielerische Art und Weise zwischen 2021 und 2024. Gefördert durch die Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz setzen wir die „Klima-Pendel-Challenge“ um. Das Ziel ist es, die Beschäftigten von bundesweit insgesamt 26 öffentlichen und privaten Betrieben dazu zu motivieren, auf ihrem Arbeitsweg möglichst viel CO2 einzusparen. Mehr Infos hier.

______________

Mobility Allstars e.V. bringt all diejenigen zusammen, die die Mobilitätswende in der D-A-CH-Region gestalten wollen – von Privatpersonen über Unternehmen bis zu Politik und Wissenschaft. Denn alle Verkehrsträger sind Stars. Gemeinsam geben wir der Mobilitätswende neuen Schwung! Als Mobilitätsgestalter*in kannst auch du bei uns Mitglied werden.

More Posts

Lastenrad-Sharing: Chance für die urbane Mobilität?

Lastenrad-Sharing: Chance für die urbane Mobilität?

Lastenräder und eLastenräder erfreuen sich einer steigenden Nachfrage. Sie sind eine belastbare Alternative zum eigenen Auto und liegen voll im Trend. Lastenräder transportieren Familien, Hunde und große Einkäufe. Ist die Zeit reif für ein kommerzielles Lastenrad-Sharing, insbesondere in großen Städten?

Die Mobilitätswende – nur Gerede oder schon gelebte Praxis?

Die Mobilitätswende – nur Gerede oder schon gelebte Praxis?

In Kooperation mit dem Travel Industry Club haben wir unser zweites gemeinsames Networking-Event veranstaltet, diesmal in Hamburg. Zum Thema „Die Mobilitätswende – nur Gerede oder schon gelebte Praxis?“ haben wir mit Mobilitätsexpert*innen diskutiert, wie die Mobilitätswende aus Sicht von Wirtschaft, Politik und Wissenschaft tatsächlich vorangeht.

Carsharing quo vadis: Warum Carsharing-Anbieter gerade jetzt einen langen Atem brauchen?

Carsharing quo vadis: Warum Carsharing-Anbieter gerade jetzt einen langen Atem brauchen?

Carsharing wird im privaten wie auch beruflichen Mobilitätsmix der Zukunft meist als eines der drei relevantesten Produkte genannt. Bei Mobility Allstars e.V. sind wir der Meinung, dass die Rahmenbedingungen für Carsharing weiter verbessert werden müssen.